Beim Lesen der „Fussball-Regeln des Deutschen Fussball-Bundes. Gültig ab 15. September 1903.“ wird vielleicht auch euch aufgefallen sein, dass sie im Vergleich zu den Laws of the Game des IFAB teils altmodisch sind. An anderen Stellen wiederum recht aktuell.
Warum der Verfasser oder die Verfasserin nicht die aktuellen Regeln unverändert übernahm, vermag ich nicht zu sagen. Es gibt auch kein Jahr, an dem sich die Person sich orientierte. Sie gibt an, dass die Spielfeldmarkierung nicht auf den Rasen aufgebracht worden ist, dabei wird es in England seit 1883 vorgeschrieben. Andererseits übernimmt sie die Anzahl der Spieler von acht bis elf pro Mannschaft, was erst 1897 festgelegt wurde.
Wenn die Regeln auch wahllos zusammengeschrieben scheinen, trügt dieser Schein. Tatsächlich waren fast alle Regeln 1901 und 1902 gültig. Anders ausgedrückt: Es sind drei Regel(teile) 1902 nicht mehr in den Laws of the Games, die hier noch genannt werden, nämlich:
- die Strafstoßlinie 11 m parallel zur Torlinie statt der Strafstoßpunkt
- dass das Markieren des Spielfeldes nicht notwendig ist
- dass eine Berufung an der Schiedsrichter möglich ist.
Letztes ist verwirrend, da in § 12 ist angegeben, dass der Schiedsrichter von selbst, ohne Anrufung, reagieren soll. Oder ist damit eine Beschwerde über eine Schiedsrichterentscheidung gemeint? Das glaube ich kaum, da in anderen Regelwerken Spieler wiederholt dazu angehalten werden, nicht gegen die endgültige Schiedsrichterentscheidung Beschwerde einzulegen.
Die Übersicht, für alle, die es genau wissen wollen
§ 1. Spieleranzahl, Spielfeld, Spielgeräte, Spieldauer.
- „Das Spiel wird mit 11 Mann auf jeder Seite ausgeführt; mehr als 3 Mann dürfen auf keiner Seite fehlen.“: Gültigkeit: 1897-heute.
- „Das rechteckige Spielfeld muss 100-110 m lang und 65-75 m breit sein; die Grenzen des Spielfeldes sind durch Linien kenntlich gemacht. Die beiden Längsseiten heissen Seitenlinien, die Breitseiten Torlinien,“: Gültigkeit: 1897-1938.
- „11 m von den Torlinien entfernt sind, gleichlaufend mit diesen, die Elfmeterlinien (vergl. § 14) gezogen;“: Gültigkeit: 1892-1901.
- „die Mitten der Seitenlinien sind durch die Mittellinie verbunden, deren Mitte wiederum kenntlich zu machen ist. Um diesen Mittelpunkt ist ein Kreis von 9 m Halbmesser,“. Gültigkeit: 1863-heute.
- „um jeden Torpfosten ein Halbkreis von 5,5 m Halbmesser“: Gültigkeit: 1892-1902.
- „und um jede Eckstange ein Viertelkreis von 1 m Halbmesser zu ziehen. Die an den Ecken des Spielfeldes stehenden Stangen dürfen nicht unter 1,5 m hoch sein.“: Gültigkeit: 1896-heute.
- „Die Tore stehen auf der Mitte der Torlinien und bestehen aus je 2 senkrecht im Boden steckenden Pfosten, welche oben durch eine Querstange verbunden sind. Die Tore sind im Lichten 7,30 m breit und 2,40 m hoch; die Torpfosten, sowie die Querstange dürfen höchstens 10 cm breit sein.“: Gültigkeit: 1883-heute.
- „Der Umfang des Balles soll 65-70 cm und sein Gewicht bei Beginn des Spieles nicht mehr als 450 g betragen.“: Gültigkeit: 1883-[1914?].
- „Die Spielzeit beträgt, sofern nicht vorher andere Abmachungen getroffen wurden, zweimal 45 Minuten,“: Gültigkeit: 1897-heute.
- „mit einer Pause von höchstens 10 Minuten welche in die Spielzeit nicht eingerechnet wird.“: Gültigkeit: Nie. [1]Bis in das späte 20. Jahrhundert werden maximal oder mindestens 5 Minuten als Pause festgelegt, dann maximal 15 Minuten.
- „Das Kenntlichmachen der Linien der Spiel[feld]es am Boden ist nicht unbedingt erforderlich,“: Gültigkeit: 1863-1883.
§ 2. Losen, Anstoss.
- „Vor Beginn des Spieles losen die beiden Spielwarte; der Gewinner kann sich entweder für Seitenwahl oder für den Anstoss entscheiden. Das Spiel wird durch einen Platzstoss auf den im Mittelpunkt des Spielfeldes ruhig liegenden Ball in der Richtung auf die gegnerische Torlinie eröffnet. Die Spieler der nicht anstossenden Partei dürfen sich dem Ball vor erfolgtem Anstoss nicht auf mehr als 9 m nähern und kein Spieler darf die Mittellinie vor erfolgtem Anstoss überschreiten. Der Anstoss gilt als erfolgt, wenn der Ball eine ganze Umdrehung um sich selbst gemacht, oder einen Weg zurückgelegt hat, der seinem Umfange mindestens gleich ist.“: Gültigkeit: 1863-heute.
§ 3. Seitenwechsel.
- „Nach der Hälfte der Spielzeit werden die Seiten gewechselt und diejenige Partei erhält den Anstoss, die ihn zu Beginn des Spieles nicht hatte.“: Gültigkeit: 1875-heute.
§ 4. Mal.
- Ein Mal (Tor) ist errungen, wenn de Ball die Torlinie zwischen den Torpfosten unter der Querstange in der Luft oder am Boden ganz überschritten hat, ohne von einem Spieler, […] mit der Hand geworfen, getragen oder geschlagen worden zu sein.“: Gültigkeit: 1883-heute.
- „[…] mit Ausnahme des verteidigenden Torwächters[,] […]“: Gültigkeit: 1871-heute.
- „War ein Teil des Tores aus irgend einem Grunde zerstört, so muss der Schiedsrichter ein Mal geben, wenn nach seiner Meinung der Ball die vorgeschriebenen Begrenzungen des Tores durchflogen hatte.“: Gültigkeit: Nie, aber in Kommentar zu Regeln.
- „Von einem Anstoss, Freistoss, Einwurf oder Eckball kann nur dann ein Tor errungen werden, wenn der Ball nach erfolgtem Anstoss etc. einen Spieler berührt hat.“: Gültigkeit: 1863-1904.
- „Von einem Elfmeterstoss kann ein Tor unmittelbar errungen werden.“: Gültigkeit: 1891-heute.
- „ist ein Tor errungen, so hat die verlierende Partei den Anstoss.“: Gültigkeit: 1863-heute.
- „Prallt der Ball an den Torpfosten, an der Querstange oder an anderen zur Begrenzu[n]g des Spie[l]feldes dienenden Stangen ab, ohne das Spielfeld zu verlassen, so bleibt er weiter im Spiel, ebenso, wenn er den Schiedsrichter oder einen Linienrichter innerhalb des Spielfeldes berührt.“: Gültigkeit: 1892-heute.
§ 5. Einwurf.
- „Überschreitet der Ball, sei es in der Luft oder am Boden, ganz die Seitenlinie, oder die Torlinie, so ist er aus dem Spiele. Wenn der Ball die Seitenlinie ganz überschritten hat, so muss ihn ein Spieler derjenigen Partei, welche den Ball innerhalb des Spielfeldes nicht zuletzt berührt hatte, an der Stelle wieder einwerfen, wo er Das Spielfeld verliess. Der Einwerfende muss die Seitenlinie mit beiden Füssen berühren, das Gesicht dem Spielfelde zugewandt. Der Ball muss mit beiden Händen über den Kopf geworfen werden, und zwar in beliebiger Richtung; der Einwerfende darf den Ball erst wieder berühren, wenn dieser einen anderen Spieler berührt hat.“: Gültigkeit: 1886-heute.
§ 6 Abstoss vom Tor. Eckball.
- „Ist der Ball von einem Spieler über die gegnerische Torlinie gestossen worden, so wird er von der 5½ m-Linie durch einen Platzstoss ins Spielfeld zurückgetreten.“: Gültigkeit: 1901-1902.
- „Hat aber der Ball, bevor er die Torlinie einer Partei überschreitet, einen Spieler dieser Partei zuletzt berührt, so hat diese einen Eckball verwirkt. Der Ball wird hierauf 1 m von der nächsten Eckstange vom Gegner durch einen Platzstoss ins Spiel getreten.“: Gültigkeit: 1872-heute.
- „In beiden Fällen muss der Gegner 5½ m vom abzustossenden Ball entfernt bleiben und der den Abstoss oder Eckball ausführende Spieler darf den Ball nach erfolgtem Stosse erst wieder berühren, nachdem der Ball einen anderen Spieler berührt hat.“: Gültigkeit: Abstoß: 1892-1914, Eckstoß 1892-1938.
§ 7. Abseits.
- „Derjenige Spieler, welche bei einem Stoss oder Einwurf der gegnerischen Torlinie näher steht, als der den Stoss oder Einwurf ausführende Spieler seiner Partei, ist abseits, wenn sich nicht mindestens drei Spieler der Gegenpartei zwischen deren Torlinie und ihm selbst befinden. Ein abseits sich befindender Spieler darf den Ball erst wieder berühren, wenn dieser von einem anderen Spieler berührt worden sit, auch darf er den Gegner in keiner Weise hindern, an den Ball herauszukommen. Beim Eckball, Abstoss vom Tor, oder wenn der Ball zuletzt von einem Gegner berührt worden ist, befindet sich kein Spieler abseits.“: Gültigkeit: 1866-heute.
§ 8. Hand, Torwächter.
- „Spieler, mit Ausnahme des Torwächters, dürfen den Ball nicht absichtlich mit Hand oder Arm berühren.“: Gültigkeit: 1863-heute, wobei die FA Wert darauf legte, dass jedes Handspiel verboten war.
- „Der Torwächter darf in seiner Spielhälfte den Ball mit Hand oder Arm berühren, schlagen, stoss und werfen. Er darf mit dem Ball nicht mehr als zwei Schritte laufen.“: Gültigkeit: 1882-1903.
- „Während der Spiels kann für ein Torwächter ein anderer Spieler derselben Partei eintreten, jedoch muss der Schiedsrichter vorher davon benachrichtigt werden.“: Gültigkeit: 1874 bis zur Etablierung eines festen Torwarts.
§ 9. Freistoss.
- „Bei einem vom Schiedsrichter anerkannten Verstosse gegen die Spielregeln §§ 2, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 16 ist die Gegenpartei zu einem Freistoss an der Stelle berechtigt, an welcher der Verstoss stattgefunden hat. Die Bestimmungen des § 2, Abs. 3 und des § 6, Abs. 3 finden auch auf Freistösse Anwendung.“ Gültigkeit: 1872-heute.
§ 10. Rohes Spiel.
- „Es ist verboten, seinen Gegner durch Beinstellen, absichtliches Treten oder durch Halten oder Stossen vermittelst der Hände und Arme zu hindern, oder so zu spielen, dass der Gegner nach Ansicht des Schied[s]richters verletzt werden kann. Auch von hinten anrennen ist verboten, es sei denn, dass der Spieler sein Gesicht der eigenen Torlinie zuwendet und nach Ansicht des Schiedsrichters seinen Gegner absichtlich hindert.“: Gültigkeit: 1863-heute
- „Der Torwächter darf nur angerannt werden, wenn er in unmittelbarer Berührung mit dem Ball ist.“: Gültigkeit: 1875-[20. Jh.]
§ 11. Vorschriftswidriges Schuhzeug.
- „Kein Spieler darf an den Sohlen, Absätzen oder Beinschützern Nägel tragen, sofern diese nicht vollständig ins Leder versenkt sind, noch dürfen an Sohlen, Absätzen oder Beinschützern Metallplatten oder Guttaperchastücke befestigt sein. Die Lederstücke dürfen nicht mehr als 12 mm hervortreten. Ein Verstoss gegen diese Regel zieht Ausschluss für das ganze Spiel nach sich.“: Gültigkeit: 1888-heute.
§ 12. Schiedsrichter.
- „Der Schiedsrichter muss die Innehalten der Spielregeln überwachen, Verstösse gegen die selben bestrafen und alle aus dem Spiele sich ergebenden Unregelmässigkeiten, ohne vorher einen Einspruch zu erwarten, sofort entscheiden, sein Entscheidungen über Tatsachen des Spieles sind endgültig. Bei regelwidrigem betragen hat er den bezweifle. die Schuldigen zu warnen und im Wiederholungsfalle, bei rohem Spiele jedoch sofort vom Spiele auszuschliessen. Der Schiedsrichter hat der recht, das Spiel nicht stattfinden zu lassen, wenn es die Umstände nicht erlauben, auch kann er das Spiel unterbrechen oder abbrechen, sei es wegen Dunkelheit, Eindringen von Zuschauern in das Spielfeld, wegen schlechten Wetters oder wegen anderer Gründe, die ihm stichhaltig erscheinen. Der Schiedsrichter hat das Ergebnis des Spieles zu notieren und am Schluss desselben bekannt zu machen. Seine Entscheidung über die Spielzeit ist eng[ü]ltig.“: Gültigkeit: 1889-heute.
- „Der Schiedsrichter hat den Beginn und Schluss des Spieles und der Pause, das Abbrechen des Spieles, soweit die Anerkennung eines Fehlers durch Pfeifen anzuzeigen“: Gültigkeit: 1878-heute.
- „geht der Ball ausserhalb des Spielfeldes, so ist ein Pfeifen nur dann nötig, wenn trotzdem weitergespielt wird.“: Gültigkeit: Nie. Vielleicht ein ungeschriebenes Gesetz, aber nicht in den Regelwerken enthalten.
- „Das Spiel unterbrechen heisst[,] eine ausserordentliche Pause eintreten lassen, die dem Spiele entzogene Zeit muss nachgespielt werden.“: Gültigkeit: 1889-heute.
§ 13. Linienrichter.
- Ferner werden zwei Linienrichter aufgestellt, welche (obgleich sie von dem Schiedsrichter überstimmt werden können) darüber zu entscheiden haben, ob der Eckball, Abstoss vom Tor oder Hereinwerfen von der Seitenlinie berechtigt ist. Die Linienrichter haben den Schiedsrichter auch in der richtigen Ausführung des Spieles zu unterstützen.“: Gültigkeit: 1892-heute.
- „Der Schiedsrichter darf einen Linienrichter vom Felde weisen und einen Stellvertreter ernennen.“: Gültigkeit: 1902-heute.
§ 14. Elfmeterstoss.
- „Wenn ein Spieler einem gegnerischen Spieler absichtlich ein Bein stellt oder ihn von hinten anrennt, ihn mit Hand oder Arm hält oder stösst oder den Ball absichtlich mit Händen oder armen berührt, so muss der Schiedsrichter, falls die Übertretung innerhalb 11 m von der eigenen Torlinie erfolgte, der Gegenpartei einen Elfmeterstoss gewähren. Dieser wird folgendermassen ausgeführt: Alle Spieler, mit ausnähme des den Elfmeterstoss ausführenden Spielers und des verteidigenden Torwächtern, der sich nicht mehr als 5 ½ m von seiner Torlinie entfernen darf, stehen hinter der Elfmeterlinie und 5 ½ m hinter dem Balle. Der Ball wird nach vorn getreten und ist sofort im Spiel. Der den Elfmeterstoss ausführende Spieler darf den Ball erst wieder spielen, wenn er einen andern Spieler berührt hat. Wenn nötig, muss die Spieldauer ausgedehnt werden, bis der Elfmeterstoss ausgeführt ist.“: Gültigkeit: 1891-1906.
§ 15. Berufung an den Schiedsrichter.
- Erfolgte wegen irgend eines Fehlers eine Berufung an den Schiedsrichter, so ist der Ball noch so lange im Spiel, bis eine Entscheidung getroffen ist.“: Gültigkeit: 1874-1889. Verwirrend, denn in § 12 ist angegeben, dass der Schiedsrichter von selbst, ohne Anrufung, reagieren soll.
§ 16. Zeitweilige Unterbrechung des Spiels.
- „Ist das Spiel aus irgend einem Grunde zeitweilig unterbrochen worden, ohne[,] dass der Ball über die Tor- und Seitenlinie gegangen ist, so wird es dadurch wieder fortgesetzt, dass der Schiedsrichter den Ball an dem Ort in die Höhe wirft, an welchem das Spiel unterbrochen wurde.“: Gültigkeit: 1888-heute.
Fußnoten
↑1 | Bis in das späte 20. Jahrhundert werden maximal oder mindestens 5 Minuten als Pause festgelegt, dann maximal 15 Minuten. |
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