Autor: Petra Tabarelli

Laws of the Game 2022/23

Laws of the Game 2022/23 and their historical development

The IFAB has announced the presumed changes in the Laws of the Game 2022/23, which still have to be confirmed by the General Assembly. Their meeting, originally scheduled for the beginning of March, was postponed indefinitely due to the war in Ukraine. The proposed amendments of the ABM (a meeting with all secretaries of the five associations) have now been published. These will most likely also receive the necessary majority. The deadline for the Laws of the Game 2022/23 is 1 July 2022, but competitions already in progress will continue to be played according to the Laws of the Game 2021/22.

Fußballregeln 2022/2023 und ihre historische Entwicklung

Das IFAB hat die vermutlichen Regeländerungen der Fußballregeln 2022/2023 bekanntgegeben, die aber noch von dem General Assembly bestätigt werden müssen. Deren ursprünglich für Anfang März geplante Treffen wurde wegen dem Krieg in der Ukraine auf unbestimmte Zeit verschoben. Veröffentlicht wurden nun die Änderungsvorschläge des ABM (ein Treffen mit allen Secretaries der fünf Verbände). Diese werden höchstwahrscheinlich auch die nötige Mehrheit erhalten. Stichtag für die Fußballregeln 2022/2023 ist der 1. Juli 2022, aber zuvor schon laufende Wettbewerbe werden noch nach den Regeln 2021/22 weitergespielt. 

(K)Eine neue Idee: Abseits nur x Yards vor dem Tor

In einem Interview mit Sportskeeeda brachte der ehemalige FIFA-Schiedsrichter Keith Hackett eine Abseitsidee ins Spiel: Es gilt das Abseits nur x Yards vor dem Tor. Es gibt sie schon Jahrzehnte. Seit 100 Jahren wird sie immer wieder debattiert, wurde aber bislang nie in die Regeln übernommen. Die Rede ist von der Idee, dass eine strafbare Abseitsstellung nur in einem gewissen Abstand vor dem Tor möglich ist. Das ist nicht ganz neu, denn nichts anderes besagt die aktuelle Regel: Eine strafbare Abseitsstellung ist nur in der gegnerischen Hälfte möglich. Bei den Vorschlägen, die seit ziemlich genau 100 Jahren immer wieder genannt werden, geht es aber um noch einen engeren Raum. Mal sind es 40 Yards vor dem Tor, mal 18 Yards vor den Toren (d.h. Strafraum + die beiden Seiten bis zur Seitenlinie). Mal nur innerhalb des Strafraums, mal nur außerhalb des Strafraums… Es gibt sehr viele und sie sind am Ende des Artikels aufgelistet, erstmal aber mal zu Hacketts Vorschlag: Er nimmt im Interview mit Sportskeeda Bezug auf die NASL (North American Soccer League) in …

Concussions: Wie entstand das Kopfballspiel?

Das Kopfballspiel etablierte sich in England erst in den 1870er Jahren. Ob es am Verbot des Fair Catch im Fußball (association football/soccer) lag, ist nicht belegt. Aber es würde zeitlich passen. Korrelation? Kausalität? Lässt sich bislang nicht belegen. Der Fair Catch Was ist der Fair Catch? Manche von euch kennen ihn aus anderen Football-Spielarten wie American Football. Das ist auch der Grund, weshalb er bis 1871 Teil der Fußballregeln war, den die Spielvarianten hat einen gemeinsamen Ursprung: Football. An der Privatschule in Rugby war das running game beliebt (mit Tragen des Balles). Die Eton School spielte bewusst (fast) ohne Handspiel, d.h. Ein unbewusstes, unabsichtliches Handspiel war nicht verboten und ebenso das direkte Fangen eines Balles aus der Luft – dem Fair Catch. Ihr ahnt es, die Schulen in Rugby und Eton standen vor 200 Jahren im Clinch. Im Zuge der Trennung der Football-Spielarten kam es zum Verbot des Fair Catches – in allen großen englischen Regionalverbänden gleichzeitig. Das Kopfballspiel etabliert sich Spielberichte zeigen, dass in den 1870er Jahren die Kopfbälle zunahmen. Erst jetzt wurde aus …

Zukunftsvisionen 1925: Fußball im Jahr 2000

Fußball im Jahr 2000, das ist mittlerweile Vergangenheit. 1925 war es noch Zukunftsvision und daher klingt der Artikel „What to expect in the year 2000“, der am 1. Mai 1925 im Mansfield Reporter erschien, spannend. Wie war denn nun die Zukunftsvision? Wie stellte man es sich das Fußballspiel zur folgenden Jahrtausendwende vor? Doch auf den ersten Blick wird man enttäuscht. Das verrät auch schon der Beginn des Titels: „Football Special. Exclusive Interview with a Martian“. Doch zwischen den Zeilen lässt sich viel über die Ideen und Wünsche des Verfassers, Sportjournalist L. V. Manning, herauslesen. Worum geht es? Der Artikel ist in Prosa verfasst und erinnert in seinem Beginn eher an Kafka: „Wie er in das Zimmer kam, kann ich nicht erklären. Ich weiß nur, dass er dort war, sich an meinem Tabak bediente und meinen Whisky und mein Soda wie ein normaler Sterblicher genoss. ‚Das wird eine tolle Geschichte‘, sagte er, ‚aber ich glaube nicht, dass man mir glauben wird, wenn ich zurückkomme.‘.“ Es stellt sich heraus, dass L. V. Manning einen Sportjournalisten vom Mars vor …

Neu auf Nachspielzeiten – der Newsletter

Jaaaa, Alliterationen sind eine allzu angenehme Angelegenheit. Aber darum soll es nicht gehen. Vielmehr möchte ich meinen Newsletter rund um die Fußballregeln etwas promoten. Weiter unten findet ihr den letzten Newsletter, der Anfang dieses Monats verschickt wurde als Appetizer. Was erwartet euch? Alle 20 Tage bekommt ihr von mir eine Mail und darin neuen Artikeln auf Nachspielzeiten, alle 💫 Artikel der Woche, meine Gastbeiträge, Interviews, etc. zu Fußballregeln und/oder Schiedsrichter*innen seit dem vorherigen Newsletter. Dazu ein paar handverlesene Linktipps zu Artikeln, Podcastfolgen, Bücher und anderem. Ihr verpasst also nichts mehr von dem, was ich schreibe, erzähle und gut finde. 🦸🏼‍♀️ Und nun, wie schon geschrieben, die aktuelle Ausgabe des Newsletters. Nicht wundern, es ist ziemlich lang, weil es die erste Ausgabe in diesem Jahr ist. (Der Newsletter ist auch optisch etwas schöner als WordPress es darstellen kann.) • Hi! Hier kommt der erste Newsletter im neuen Jahr! Ich hoffe, du bist gesund und gut hineingekommen. Da es im Januar keinen Newsletter kam, ist dieser ziemlich lang. Nachspielzeiten auf Instagram In den letzten Wochen hat sich so …

Ohne Spesen nix gewesen?

Es gab über Schiedsrichterspesen Ende der 1920er Jahre eine Diskussion, da sie die Auslagen für ihr Ehrenamt bezahlt haben möchten. Das wurde ermöglicht, doch gab es keine einheitliche Regelung in den einzelnen Landesverbänden – bewusst, „da in den einzelnen Kreisen des Verbandsgebietes ganz verschiedenartige Verhältnisse herrschen“[fn]Vgl. NN: Zur Frage Schiedsrichterspesen. S. 6.[/fn]. Die Spesen schwankten zwischen 2 Mark und 12 Mark. In Berlin grundsätzlich wurde die Eisenbahnfahrt 3. Klasse anerkannt Tagesspesensatz betrug 7,50 Mark, wurde aber nur anerkannt, wenn die Fahrt mehr als 100 km umfasste 5,00 Mark Spesen, wenn kein Schnellzug benutzt wurde 3,00 Mark Spesen für einen halben Tag Alle Fahrt- und Aufenthaltsspesen zahlte der Verband Im Westdeutschen Verband Beitragsfreiheit im Verein Ausweis, der Inhaber legitimierte und gewisse Vergünstigungen schuf, z. B. für freien Besuch eines Verbandsspiels, sofern man in dem gleichen Monat schon als Schiedsrichter im Einsatz war Eisenbahnfahrt in 3. Klasse, wobei Sonntagskarten zu lösen waren, soweit solche ausgegeben wurden erhielten die tatsächlichen Ausgaben; Höchstsatz 6,00 Mark bei notwendiger Übernachtung zusätzlich 5,00 Mark (gegen Vorlage der Originalrechnung) Bei Spielen am Ort …

Ein Regelabend 1929

Schiedsrichter-Regelabende werden nicht gut besucht. Meistens sind es nur die, die erst vor kurzem ihre erste Prüfung abgelegt haben, so das Resümee in einem Artikel von 1929 in der Deutschen Schiedsrichter-Zeitung. Dabei sind sie doch so wichtig! Empfohlener Inhalt der Regelabende Ursprung des Fußballs, den man damals in Frankreich, Italien und England sah Die wichtigsten Regeländerungen „1862 Trennung Rugby und „Assoziation“ [tatsächlich war das viele Jahre später] Rugby heute vornehmlich Amerika und Frankreich, Deutschland nur schwach Mit Regeländerungen hält Taktikänderung Schritt. Erste Spielart 2 Torwächter[!], 8 Stürmer, 1 Verbinder, später 1 Torwart, 2 Läufer, 2 Verteidiger, 6 Stürmer. Siehe heutige Umstellung wegen veränderter Abseitsregel, Bestrebungen W-Form in M-Form zu ändern 1863 Gründung englischen Verband 1880 Recht auf Hinausstellung geschaffen 1882 International Board (höchste Regelkommission) gegründet. 1884 Einführung von Linienrichtern und Schiedsrichterball 1888 Gewicht des Balles wird festgelegt 1890 Elfmeter erfunden [tatsächlich war es 1891] 1891 Tornetze auf geschlossenen Plätzen; für Elfmeter wird Spielzeit verlängert Erste Entwicklung der Regeln abgeschlossen Jetzt Vierteljahrhundert Ruhe 1918 Erster Antrag auf Aenderung der Abseitsregel 1920 Bei Einwurf kein Abseits 1923 …

„Solche Youssof Mohameds“

Simon Rosenberger war wie Walther Bensemann kosmopolitisch, wenngleich ihm für eine Äußerung gegen den ägyptischen Schiedsrichter Youssof Mohameds Rassismus vorgeworfen werden kann. Sechs Tage nach dem 3:0-Sieg gegen die Schweiz spielte Deutschland im Viertelfinale gegen Uruguay, ebenfalls im Amsterdamer Olympiastadion. Nach Protest des DFB wurde Schiedsrichter Johannes Mutters durch Youssouf Mohamed ersetzt. Mutters und der deutsche Spieler Hans Kalb hatten schon vorher Unstimmigkeiten und der DFB befürchtete kein faires Umgehen mit ihm. Dass Kalb beim folgenden 4:1 Uruguays dennoch am Platz gestellt wurde, lädt mich zum Schmunzeln ein. Auch Rosenberger und Kalb waren schon mal aneineinandergeraten, allerdings nur in Schriftform. Simon Rosenberger war Redakteur des Westdeutschen Sport und zeigte sich nach einem Spiel zwischen Nürnberg und Fürth beschämt. Den Grund kenne ich nicht, weil mir der Artikel unbekannt ist. Doch Hans Kalb. Spieler des 1. FCN, echauffiert sich über ihn. So sehr, dass er an Walther Bensemann bzw. den Kicker einen Leserbrief schrieb, der abgedruckt wurde und Kalbs Abneigung gegen Rosenberger zeigte. Ich vermute, dass Rosenberger seinen messerscharfen Zynismus verwendet hatte, der voll ins Schwarze …

Das „Mantelgesetz“: Gemeinsame Grundlagen für das Schiedsrichterwesen

Das „Mantelgesetz für die Schiedsrichterorganisation des DFB“ schuf gemeinsame Grundlagen für die Organisation des Schiedsrichterwesens in den Landesverbänden. Darauf kann dann jeder Verband nach eigenen Bedürfnissen aufbauen. Schwierige Entstehungszeit Das Gesetz sollte bereits 1925 Geltung erhalten, doch die Ratifizierung wurde zunächst von manchen Landesverbänden blockiert, dann doch angenommen (1926). Dennoch blieb die Ablehnung von manchen Landesverbänden bestehen. 1926 befürchtete der Verfasser des Gesetzes, Simon Rosenberger, die Ratifizierung sei „mehr als zweifelhaft, weil manche Verbände prinzipiell gegen jeden Ausbau des Schiedsrichterwesens sind und andere die Hauptgrundsätze dieses Mantelgesetzes schon wieder verlassen haben“ (Simon Rosenberger: Organisationsfragen. In: DFB-Schiedsrichter-Zeitung 17/1926 (09.09.1926). S. 129-131:, hier S. 129.) Ende September 1926 fand in Berlin eine vierstündige Sitzung statt, die von DFB-Bundesspielausschusses und DFB-Bundesschiedsrichterausschusses angeberaumt wurde. Eingeladen waren alle Landesverbände mit einem Vertreter teilzunehmen, um wichtige Schiedsrichterfragen zu erörtern. Doch nicht alle Landesverbände nahmen teil: Pfosch (Mannheim für Süddeutschland), Gerstenberg (Hamburg für Norddeutschland), Tag (Dresden für Mitteldeutschland) und Stenzel (Berlin). Danach sah es danach aus, dass das Mantelgesetz beim nächsten Bundestag angenommen wurde, doch es wurde überhaupt nicht thematisiert. Wurde wirklich vergessen, es …

Rosenberger über Profifußball

Das Thema Profifußball wurde in den 1920er Jahren heiß diskutiert. Der DFB hielt am Amateurspielerparagraph fest: Spieler dürfen für das Fußballspielen nicht bezahlt werden. Dabei waren Zahlungen unter der Hand bereits vor dem 1. Weltkrieg gang und gebe gewesen: Ein einfacher Bürojob, eine schöne Wohnung,… es gab vielfältige Möglichkeiten. 1920 wurde ein erster Versuch der Brüder Eidinger gestartet, der allerdings alles andere als erfolgreich verlief. (Mehr zu den Hintergründen in meinem Artikel „Die European Super League: Geschichte wiederholt sich nicht, sie reimt sich„.) Rosenberger: Kein Verbot, um Oberhand zu behalten Simon Rosenberger war kein Verfechter des Profifußballs, aber er war Realist und erkannte, dass die Entwicklung nicht aufzuhalten sein. Er war gegen ein strenges Verbot und empfahl in zahlreichen Artikeln gebetsmühlenartig, Profifußball zu erlauben und damit auch zu lenken. Irgendwann mache ich mir mal die Mühe, alle Ausgaben des Kickers und der DFB-Schiedsrichter-Zeitung bis zu Rosenbergers Tod nach Artikeln zu durchforsten, in denen er Profifußball thematisierte. Bis dahin als Auswahl zwei seiner Meinungsartikel. Reinliche Scheidung?  „Man muss sich mit Berufsspielertum befassen, denn es ist die …

2x 10 Gebote für Schiedsrichter

Zehn Gebote für Schiedsrichter, diesmal von J. T. Howcraft, „Englands populärster Schiedsrichter“ Entsprach dem allgemeinen Konsens des internationalen Schiedsrichterwesens. „Anrempeleien der Zuschauer entziehe dich!“ „Präpariere dich körperlich und sei mäßig!“ „Habe keine Furcht vor Fehlern!“ „Scheue dich nicht, sie einzugestehen!“ „Pfeife nach Bedarf, doch nie zu viel!“ „Stelle in Gewissenhaftigkeit die höchsten Ansprüche an dich selbst!“ „Verwarne lieber zu früh als zu spät!“ „Du sollst keine Platzbesitzer kennen!“ „Achte die Spieler, auf daß du geachtet werdest!“ „Hab‘ eine Elefantenhaut!“ Weitere zehn Gebote für Schiedsrichter aus einer ungenannten englischen Zeitung, abgedruckt in der Deutschen Schiedsrichter-Zeitung von Koppehel Mit einer recht national-imperialistischen Sicht, die eher Koppehels Verständnis‘ entsprach. „Achte das Spiel und seine Regeln. Lies die Regeln und vertiefe dich darin.“ „Es ist nur ein Gesetz – nach dem sprich Recht. Es gibt nur ein Spiel – leite es. Es gibt aber eine Menge – beachte sie nicht. (Beamte sind eine besondere Rasse: sie sollten über Groll und Vorurteil erhaben sein. Sie gehören zur Menge.)“ „Gedenke, daß du Oberster der Kunst, daß dein Wort Gesetz ist und …

Der Beginn der Schiedsrichtervereinigungen

In England gab es sie ab 1893, in Deutschland ein paar Jahre später: Schiedsrichtervereinigungen. Simon Rosenberger war Gründungsmitglied der Münchener Schiedsrichtervereinigung, die im Februar 1901, kurz nach seinem 16. Geburtstag, erstmals zusammenkam. Damit war sie eine der ersten, wenn nicht die allererste solche Vereinigung in Deutschland. Später war er auch aktiv an der Gründung der Bayerischen Schiedsrichtervereinigung (1918), der Schiedsrichtervereinigung des Süddeutschen Fußballverbandes (1924) sowie des Bundesschiedsrichterausschusses (1924) beteiligt – und jeweils auch direkt im Vorstand engagiert. Boom nach 1920 Durch den Fußballboom nach dem ersten Weltkrieg wurden vermehrt Schiedsrichter benötigt, die jedoch nicht immer für dieses Amt geeignet waren. Es gab Schiedsrichter, die allzu autoritär war und andere, die sich durch die raue Stimmung auf und seitlich den Platz irritieren ließen. Schiedsrichterinnen sind für Deutschland vor den 1950er Jahren keine bekannt. Die wenigsten waren freiwillig Schiedsrichter geworden, sondern übernahmen aus Gefälligkeit oder anderen Gründen das Amt oder mussten pfeifen, weil sie vom Verein oder Verband bestimmt wurden. Entsprechend schlecht besucht waren die Regelabende und entsprechen häufig (60%) blieben Schiedsrichter nicht lange dabei. Das führte damals wie heute …

Altphilologenregie, begossen mit antik-vaterländischer Tunke

Am frühen Nachmittag des 28. Mai 1928 fluchte Simon Rosenberger während des Spiels Deutschland. Während des Achtelfinale des Olympischen Fußballturniers im Amsterdamer Olympiastadion machten sich niederländische Fans in seiner Nähe über die ersten Worte der deutschen Hymne lustig machten – damals sang man noch die erste Strophe. So schreibt Erik Eggers in seiner Kurzbiografie zu Simon Rosenberger in der zweiten, überarbeiteten Auflage von Fußball in der Weimarer Republik (Kellinghusen 2018, S. 104-105). Patriotismus vor 1933 Ein Indiz, dass Simon Rosenberger national(er) orientiert war als Bensemann? Allein die Verteidigung der Hymne ist mich kein ausreichendes Indiz, denn es gibt dagegen mehrere Äußerungen von Simon Rosenberger, die vielmehr ein kosmopolitische Einstellung verdeutlichen. Eine sehr deutliche Äußerung gegen die vermehrt nationale Ausrichtung des DFB findet sich im Artikel „Bundesausschuss“, der im November 1921 im Kicker erschienen ist. Rosenberger kritisierte die Veranstaltung der „Körperzuchtwochen“, in denen „Kampfspiele“ mit „Kunst“ im altgriechischen Sinne verbunden werden sollen, die aber in national(istisch)er Sprache angepriesen werden. Bundesausschuss „Unsere Kampfspiele 1922 unter Altphilologenregie, begossen mit antik-vaterländischer Tunke. […] Das Wort ‚vaterländische‘ hat heute einen …

Der Schwabenstreich

Ich stelle mir immer vor, dass Simon Rosenberger an diesem Tag an seinem Schreibtisch in der Kickerredaktion sah und einen Anruf oder ein Telegramm erhielt. Er riss kurz die Augen auf, vielleicht auch den Mund, und verfiel dann in ein kopfschüttelndes Lachen. Die Emotionen, die er dabei spürte, packte er in einen sehr zynischen Artikel gegen die Stadt Stuttgart, der am 10. April 1922 im Kicker erschien. (CW: Physische Gewalt als Metaphorik.) Was war vorgefallen? An einem evangelischen Feiertag sollte ein Fußballspiel zwischen einem Auswahlteam des Kreises Württemberg gegen eine Auswahl des Nordmainkreises in Stuttgart stattfinden. Die Veranstaltung wurde wochenlang beworben und nur einen Tag vor dem Spiel seitens der Stadtverwaltung Stuttgart verboten. Das Spiel wurde aber trotzdem durchgeführt – sei es aus Trotz, um nicht auf den Unkosten sitzen zu bleiben oder aus Unkenntnis. Das ist mir nicht bekannt. Lest den Artikel. Viel Spaß beim Schmunzeln. Ein Schwabenstreich Wer lacht da? Bitte, das ist kein Aprilscherz! Das ‚Urteil‘ trägt den[!] Datum des 4. und nicht das des 1. April! Das ‚corpus delicti‘ war das …

Simon Rosenberger, Walther Bensemann und der MTV München von 1879

Zum Jahresbeginn 1921 war Konstanz stark bewölkt, doch ein Leserbrief ließ die Miene von Walther Bensemann schmunzeln. Der Herausgeber der vor wenigen Monaten gegründeten Fußballzeitschrift „Der Kicker“ hält einen Brief vom Vorsitzenden des MTV München von 1879 in der Hand, den er in der zweiten Ausgabe des Kickers auch abdrucken ließ. „Kollege‘ Freund, Präsident der F.A. des rührigen M.T.V. München hat das Wort: ’Sehr geehrter Herr Bensemann! Zunächst erlaube ich mir, Ihnen meine besten Wünsche zum Jahreswechsel zu entbieten. Möge das Jahr 1921 für Sie und Ihren ‚Kicker‘ ein glückliches und erfolgreiches werden. In materieller Form gebe ich meinen Glückwünschen Ausdruck, indem ich gleichzeitig eine kleine Sammlung von Abonnements auf Ihr Postscheckkonto überweise. Für die Veröffentlichung meiner Mannschaft in einer Ihrer letzten Nummern sage ich Ihnen meinen herzlichen Dank. Wir haben uns sehr darüber gefreut. Meine Mannschaft gedenkt nach Abschluss der Ligaspiele, die vor dem Kriege bestandenen internationalen Beziehungen wieder aufzunehmen und so haben wir uns mit F.C. Internazionale Mailand, mit Turin, F.C. Winterthur, Old Boys Basel und einem holländischen Verein in Verbindung gesetzt. Ostern und …

Peco Bauwens – ein Opportunist am Grabe Rosenbergers

Auf dem jüdischen Friedhof in Köln-Bocklemünd herrscht eine aufgeregte, traurige Stimmung. Viele Menschen umringen ein frisches Grab und ein Mann hält in deutlich kölnischem Akzent eine Rede. Die Begräbnisrede Der Mann mit den ausgeprägten Wangenknochen, der fliehenden, hohen Sturm und den Knopfaugen wohnte nur 7,5 Kilometer von dem Friedhof entfernt: In der Clever Straße 13 im Agnesviertel, Neustadt, in der Nähe des Rheins. Was Peco Bauwens am Grab von Simon Rosenberger sagte, ist nicht überliefert. Wohl waren es lobende Worte über seine Hingabe und seine Freude für das Fußballspiel in Deutschland, das erst am Ende seines Lebens populär wurde. Vielleicht sprach er über Rosenbergers Engagement für die Anpassung der deutschen an die internationalen Fußballregeln und seine seltene Gabe, die Regeln unterhaltsam und verständnisfördernd vorzutragen. Oder seinen Einsatz für das Schiedsrichterwesen: Einheitliche Regelauslegung, einheitliche Ausbildung, das Buch „Der Schiedsrichter“, der Bundesschiedsrichterausschuss mit seinem Mantelgesetz, die DFB-Schiedsrichter-Zeitung, … die Liste der möglichen Themen ist lang. Das Einzige, was wir durch einen Zeitungsartikel gesichert wissen: Er sprach als Vertreter des DFB sowie zahlreiche lokale Schiedsrichtervereinigungen und Verbände, die nicht …

Die Eltern: Eva und Max Rosenberger

Eva Emma Rosenberger, geborene Heymann wurde am 22. Juni 1860 in Trzęsina im südlichen Polen, damals Preußen, geboren. Max Rosenberger wurde am 8. April 1859 in Hultschin (Kreis Oppeln, Oberschlesien) geboren. Am 15. September 1881 heirateten beide in Stuttgart und zogen am 18. Januar 1882 nach München. Da war Eva Rosenberger schon mit ihrem ersten von sechs Kindern schwanger, die sie in zehn Jahren gebar: Dorothea (*16.11.1882), Anna Selma (*01.02.1884), Simon (*02.02.1885), Rosa Elvira (*11.01.1887), Else (*11.08.1888) und Hedwig (*26.01.1892). Wohnorte Die Familie zog bis 1907 häufiger innerhalb der Münchener Altstadt und Maxvorstadt um. Nicht immer ist überliefert, wann genau: bis 1892: Hackenstraße 1a 1892-(1893/1898): Sendlinger Straße 12 (2. OG) (1893/1898)-1905: Thal 30 (2. OG) 1905-1907: Fraunhoferstraße 4 (3. OG) Ab dem 17. Juli 1907 wohnten sich dann in der Türkenstraße 26 im 3. OG, gegenüber der damaligen Kaserne, heute Pinakothek. Max Rosenbergers Berufe Vater Max Rosenberger war zu Simons Geburt Kaufmann von Beruf und besaß ein Konfektionsgeschäft für Herren und Jungen. Zunächst in der Sendlinger Straße 16, dann im Färbergraben 12 (2. OG) und schlißlich …

Nachrufe auf Simon Rosenberger

Es war wenige Tage vor Weihnachten 2017, als ich in der Bibliothek der Sporthochschule Köln auf Simon Rosenberger stieß. Es war der Nachruf von Carl Koppehel in der Deutschen Schiedsrichter-Zeitung. Ausgerechnet Koppehel, denke ich jetzt. Welche Ironie. Es war das erste Mal, dass ich über Simon Rosenberger las und das letzte Mal, dass Koppehel Rosenbergers Name veröffentlichte.

Elfmeter! Wie der Strafstoß in die Regeln kam

Elfmeter bzw. Strafstöße sind geliebt und gehasst. Die Idee, eine Challenge, ein Duell aufs Spielfeld zu bringen kam ein Nordire 1890. William McCrum war ein lausiger Torhüter. Nur selten hielt er Schüsse, die auf das Tor seines Clubs kamen, dem nordirischen Milford FC. Er hielt auch mehr an Glücksspielen als an der familiäre Firma (Leinenherstellung). Obwohl er auch ein lausiger Glücksspieler war.

#SheCanRef-Gastartikel

Schiedsrichterinnen im Männerfußball kann ich seit 2020 nicht mehr aus den Augen lassen. Es gibt so viele Frauen, die seit den letzten 30 Jahren im Top-Männerfußball ihres Landes aktiv waren oder sind. Doch wer kennt ihr Namen? Anderseits hat sich in den letzten 30 Jahren nicht viel verändert. Seit 30 Jahren schreiben einzelne Frauen immer und immer wieder Geschichte. Wo ist die Routine? Sollte es nicht längst normal sein, dass auch Frauen im Männerfußball sind. Es ist nicht so. Das wissen wir alle. Und das darf nicht noch 30 Jahre so bleiben. • Auch außerhalb von Nachspielzeiten sind ein paar Gastartikel und Interviews zu Schiedsrichterinnen im Männerfußball erschienen. Die ersten Schiedsrichterinnen (Podcast „Legende Verloren“, Interview mit mir und Sabine Asgodom, der ersten Schiedsrichterin im DFB) „Frauen und Fußball hat lange nicht ins patriarchale Bild gepasst“ (Deutschlandfunk Sport, Interview mit mir und dazugehöriger Artikel) Zwischen Empowerment und PR-Strategie: Eine Eintagsfliege? (WEB.DE, FRÜF-Kolumne) Risse in der gläsernen Decke: Schiedsrichterinnen im Männerfußball (WEB.DE, FRÜF-Kolumne) Diese Übersicht wird stetig aktualisiert.

Umfrage zur Abseitsregel

Du bist Fußballschiedsrichter*in und hast gerade oder in den nächsten Tagen ein paar Minuten Zeit für meine Forschungsumfrage (6 Fragen)? Ich brauche eure Hilfe. Es geht um die Abseitsregel und eure Meinung – je nach Zeit und Lust ausführlich oder knapp. Klicke hier, um teilzunehmen: Hintergrund: Ich habe die Abseitsregel ausgesucht habe, um an einer der Fußballregeln ganz dezidiert nicht nur Geschichte, sondern u.a. Sinn und Zweck und Entwicklung zu untersuchen. Warum ausgerechnet die Abseitsregel?! Aus zwei Gründen: Sie ist der Kristallationspunkt: Keine andere Regel hat solchen Einfluss aufs Spiel Ich sehe schon den Titel vor mir (<– Frau im Fußball): „Du schaust Fußball? Dann erklär‘ mir mal die Abseitsregel!“ (Aber gerne. Aus welchem Jahr denn?)

Wie 1946 der Fußball organisiert wurde

Dieses Schriftstück habe ich im Stadtarchiv Bingen in der Sammlung zu Hassia Bingen gefunden. Es ist kein offizielles Schriftstück, sondern eine Abschrift auf sehr dünnem Papier, und erzählt, wie der Fußball 1946 im südwestlichen Deutschland (französisch besetzte Zone) organisiert wurde. Ich vermute, dass das Original auf französisch verfasst und dann von Personen übersetzt wurde. Die arbeiteten aber nicht als Übersetzer*in, aber waren des Französischen mächtig. So ist die Vorgabe zwar inhaltlich gut übersetzt, aber sie ist teils allgemeinsprachlich und in allzu langen Sätzen. Hinweis: Zur besseren Lesbarkeit habe ich offensichtliche Tippfehler ausgebessert und Abkürzungen aufgelöst.   Die Organisation der Fußball-Meisterschaft 1946/47 für die gesamt-französisch besetzte Zone   1. In der Zonenliga der französischen besetzten Zone sind 16 Vereine berechtigt, die in 2 Gruppen zu je 8 Vereinen aufgeteilt werden. Diese 16 Vereine werden nach dem Pokalsystem ermittelt und setzen sich aus je 4 Vereinen der Provinzen Südwürttemberg und Südbaden, sowie je 2 Vereine der Prov. Pfalz, Rheinhessen, Mittelrhein u. Saargebiet zusammen. Sie werden durch den Sportverwaltungsausschuß dieser Meisterschaftsrunde in 2 Gruppen zu je 8 Vereinen …

Fußball – ein Spiel für Personen jeden Alters

Wenn die Fußballregeln eine Spielanleitung wären… … dann würden die Teile der Fußballregeln wohl so gruppiert werden. Oder habt ihr andere Ideen und Vorschläge? Schreibt sie mir gerne. Anzahl der Spieler*innen Zwei Teams à 7-11 Spieler*innen plus 1 Schiedsrichter*in und ggfs. bis zu 8 Assistent*innen Ziel des Spieles Torerzielung Hilfsmittel bei der Bestimmung, ob er Tor erzielt wurde Torlinientechnik Tornetz Videoassistent*innen und die Referee Review Area Torlatte und Torpfosten Anderes verschobene oder zerbrochene Latte Inhalt des Spieles Farbe für Markierungen (Material) 4 Eckfahnen (Maße) 2 Tore (Maße und Material) mehrere Fußbälle (Farbe, Gewicht, Material, Druck, Qualität, Umfang) 1 Spielfeld (Maße, Oberfläche) Vorbereitung vor allererstem Spiel Trennung zwischen Spieler*innen, anderen Teamoffiziellen und Zuschauer*innen Fotografenlinie äußere Grenzlinien Technische Zone Abstandsmarkierungen Eckraum Mittelpunkt Mittelkreis Strafraum Torraum Strafstoßpunkt Halbkreis vor Strafraum Vorbereitung vor jedem Spiel Alle: Kleidung und Equipment Trikot Hose ggfs. Unterkleidung EPTS Schuhe Stutzen Schiedsrichter*innen Platzbegehung Überprüfung der Spieler*innen Funktechnik Vermarktung Kommerzielle Werbung, Logos und Embleme auf dem Spielfeld Kommerzielle Werbung auf dem Spielball Kommerzielle Werbung auf der Kleidung der Spieler*innen Es geht los! Seitenwahl Anstoß Wenn …

Female referee milestones – in men’s top football

What are the female referee milestones? That is the subject of this article. Edith Klinger from Austria is considered to be the first female referee in the world to officiate both men’s and women’s matches. She was active from 1935 to 1938 – also as founder of the 1. Damen-Fußball-Club Kolossal in Wien. (More about Edith Klinger at Ballesterer and Playing Pasts, including literature note.)

All female teams in men’s top football

All female teams refereeing men’s football. What a mixture in football, which is otherwise strictly separated into women’s football and men’s football. Female referees in professional men’s football have existed since the 1990s. At first, there were only a few, and they were only used occasionally. With the start of the new millennium, there were more and since 2019 the number has been increasing sharply in the world. The number of all female refereeing team also increased, especially in 2020.

Female referees in football – All in top men’s football

There are more and more female referees in football. But which female referees and assistant referees have bee in men’s football in the continental competitions and in the national 1st division? Or are they still? You can find the answer here: To date, there have been at least more than 200 female referees in football. Here you can find their names and when and where they were first appointed.

Eine ganz kurze Geschichte der Schuhstollen

Bis ins 20. Jahrhundert hinein hatten Fußballschuhe („boots“) nicht nur Stollen („studs“), sondern auch Balken („bars“). Diese durften nach den Spielregeln von 1887 nur an der Unterseite der Schuhe angebracht werden. Für uns heute eine Selbstverständlichkeit, aber nicht vor 130 Jahren, sodass der Passus in die Regeln aufgenommen wurde. Diese Balken mussten mindestens 1,5 Zoll (ca. 38 mm) lang und 0,5 Zoll (12,7 mm) breit und zudem quer und flach sein. Stollen mussten einen Durchmesser von 0,5 Zoll haben – heute muss der Durchmesser zwischen 0,4 Zoll und 0,5 Zoll (oder zwischen 10 mm und 12 mm) liegen. Bis 1910 mussten sie verdeckt sein, ab 1910 dann nicht mehr, aber konisch geformt. Sie wurden zunächst aus Leder, später aus Gummi (1938), Aluminium oder ähnlichem Material (1955) hergestellt. Seit 1973 gibt es eine weitere Differenzierung: Auswechselbare Stollen müssen aus einem der oben genannten Materialien bestehen, nicht auswechselbare Stollen können auch aus Kunststoff und Polyurethan und ähnlichen weichen Materialien hergestellt werden, aber ohne Metalloberfläche. Außerdem sind Aluminiumstollen seit 1974 auf Aschegruben nicht mehr erlaubt und das Stützmaterial zur Stabilisierung …