Regelgeschichte

Rückpassregel: Wieso, weshalb, warum?

Wie die meisten der Fußballregeln war auch die Rückpassregel eine Reaktion auf eine Veränderung der Fußballtaktik. Das defensive Spiel um 1990 führte zur Einführung dieser Regel, damit nicht durch wiederholte Doppelpässe und Handspiel (Torleute) am eigenen Tor Zeit geschindet wird. Dennoch ist unter bestimmten Umständen dieser Doppelpass erlaubt. Dazu kommen wir gleich. Zunächst aber einen Fokus aufs Tor. Wusstet ihr, dass die Torleute ursprünglich in der gesamten eigenen Hälfte den Ball mit den Händen halten durften?

„Goalkeepers have this strange superpower, which they use to ruin everyone else’s fun.“

Gemeint ist das erlaubte Handspiel von Torleuten.

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Boris Bischoff empfahl Mitte Oktober 2019 diesen Bericht zur Geschichte der Rückpassregel, auf den ich auch noch mal per Blogeintrag aufmerksam machen möchte.

 

Die Einführung der Rückpassregel Anfang der 1990er Jahre

Bereits 1981 diskutierte man bei der Jahresversammlung des IFAB (“AGM”) über das Thema Rückpass und Zeitvergeudung. „Is own penalty area timewasting?“ fragte die FIFA. Damals war das Gremium der Ansicht, dass es keine Zeitvergeudung ist, da die gegnerischen Spieler das Recht haben, einzuschreiten. Das war, wie der verlinkte Text schreibt, nach der WM 1990 anders. 1991 wurde vom IFAB der FIFA erlaubt, als Experiment bei der U17 Männer-WM 1991 Rückpässe zu verbieten und bei einem Verstoß einen indirekten Freistoß für das Team an der Stelle zu verheben, wo der Torhüter dem Ball mit den Händen berührte. Das Experiment war erfolgreich und seit der Saison 1992/93 ist der „deliberately“ Rückpass verboten. „Deliberately“ entspricht im deutschen Strafrecht in diesem Fall dem bedingten Vorsatz, d.h. dem Billigend-in-Kauf-nehmen.

„On any occasion when a player deliberately kicks the ball to his own goalkeeper, the goalkeeper is not permitted to touch it with his hands. Otherwise, the match will be restarted with an indirect free kick from the place where the offense occurred for the opposing team.“ (AGM-Protokoll 1992, open access)

Während der EM 1992 war der Rückpass noch erlaubt und der dänische Torhüter, Peter Schmeichel, machte damals intensiven Gebrauch von ihr.

Von 1993 bis 1997 war sie nicht Teil der Regel selbst, sondern nur ein Beschluss („Decision“) zur Regel 12.

„If a player pass the ball to his own goalkeeper for a deliberate trick in order to circumvent Article 5(c) of Law XII [= „[goalkeeper] touches the ball with his hands after it has been deliberately kicked to him by a team-mate“], the player will be guilty of ungentlemanly conduct. The game will be restarted with an indirect free kick from the place where the player committed the offence.“ (AGM-Protokoll 1993, open access)

1997 wurde er umformuliert.

„It is added that a player using a deliberately trick to circumvent the Law while he is taking a free kick, is cautioned for unsporting behavior and shown the yellow card. Subsequently, the free kick is retaken.“ (AGM-Protokoll 1997, open access)

2008 wurde die Decision gestrichen.

Die Regel wurde 1997, 2002, 2016 und 2018 neu formuliert, aber nicht inhaltlich verändert.

Das erlaubte Handspiel der Torhüter:innen

Das Handspiel war Torleuten erlaubt:

  • 1871 bis 1887 überall (sofern zum Schutz des eigenen Tores)
  • 1887 bis 1912 innerhalb der eigenen Hälfte
  • seit 1912 innerhalb des Strafraumes

Zudem wurde das Tragen des Balles für Torleute begrenzt:

  • 1886 bis 1931: Zwei-Schritte-Regel (eigentlich war das Tragen ab 1901 verboten, aber scheinbar hat man sich nicht wirklich daran gehalten)
  • 1931 bis 2000: Vier-Schritte-Regel
  • seit 2000: Sechs-Sekunden-Regel

Torleute dürfen den Ball in die Hand nehmen, wenn ihnen das Stoppen des nicht absichtlichen („deliberately“) Rückpass von Mitspielenden nicht gelingt.

Wer des Niederländischen mächtig ist, sei auch dieser Text von Michiel de Hoog ans Herz gelegt.

Kategorie: Regelgeschichte

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