Regelgeschichte

Sheffield FA und London FA 1877

In der Darstellung der Sheffield FA Rules ist es schon angeklungen: 1877 übernahm die Sheffield FA die FA Rules, nachdem über mehrere Jahre immer wieder versucht wurde, Kompromisse zu finden.

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Es gab immer wieder Treffen, insbesondere zwischen John Charles Shaw und Charles William Alcock. Es gab Annährungsversuche und offene Dissonanzen zwischen den beiden Verbänden über die Regeln für Assoziationsfußball. Auch war immer ein Vertreter des Sheffield FC, ab 1867 der Sheffield FA bei den jährlichen Generalversammlungen der FA in London anwesend und auch im Komitee vertreten. Ich weiß aber aktuell nicht, wie die Beziehung von Sheffield FC bzw. FA zur Londoner FA waren, denn alle Mitglieder mussten zwingend nach FA Rules spielen, was in Sheffield ja nicht praktiziert wurde.

Beide organisierten für den 2. Dezember 1871 mit Sir John Charles Clegg auch ein Spiel zwischen Auswahlen beider Verbände, um die Regeln des anderen auszuprobieren. Shaw und Alcock waren die Kapitäne der beiden Auswahlen. Man kam aber noch zu keiner Einigung. 1872 übernahm aber die FA den Eckstoß der Sheffield FA Rules.

1875 kam es nicht zur Übernahme der Abseitsregel der FA Rules (jeder, der vor dem Ballführenden steht und weniger als drei Gegenspieler vor sich hat, ist abseits) durch die Sheffield FA, wo man im Abseits stand, wenn weniger als zwei Gegenspieler in diesem Szenario zwischen Angreifer und gegnerischem Tor standen. Diese wurden offenbar nur deshalb nicht übernommen, die Londoner keinen versöhnlichen Geist („a more conciliatory spirit“) gezeigt haben (Sheffield Daily Telegraph[1]Vgl. Sheffield Football Association. In: Sheffield Daily Telegraph, 26.02.1875, S. 3. ) und / oder die Londoner nicht im Gegenzug die Sheffielder Einstoß-Regel übernehmen wollten (Sheffield FA Rules von 1875). Das Protokoll erwähnt, dass sonst beide Regelwerke kombiniert worden wären („the immediate amalgamation of the two codes“), nach dem sich beide Verbände richteten. Allerdings spielte man in Sheffield ab 1875 schon mit den Tormaßen der FA Rules – entgegen den Vorgaben des eigenen Regelwerks.

Am 24. Februar 1875 hatte es eine Generalversammlung der FA gegeben, bei der Royal Engineers die Regel 5 (Einwurf) entsprechend der Sheffield FA Rules zu einem Einstoß ändern wollte. Die Sheffield FA unterstützte den Vorschlag und war willens, die FA Rules dann zu übernehmen. Auch C. W. Alcock unterstützte diesen Vorschlag. Es gab aber eine Opposition und eine lange Diskussion. Am Ende stimmten zwei Personen mehr gegen den Vorschlag. Bereits 1867, 1872 und 1874 hatte es aus Sheffield den Vorschlag gegeben, deren Abseitsregel zu übernehmen,

Am 17. April 1877 gab es dann eine außerordentliche Mitgliederversammlung der FA, nachdem die ordentliche zwei Monate vorher abgehalten wurde. Der einzige Diskussionspunkt war, die Ablehnung der Änderung der Regel 5 zu überdenken. Diesmal kam der Vorschlag von Clydesdale Club aus Glasgow. Es gab wieder eine Diskussion, doch schließendlich stimmten nun 33 für und 10 gegen den Vorschlag. Der Sheffield Daily Telegraph vom 18. April 1877 resümiert: „[…], so that now London and Sheffield will have one code of rules.“.

Am 23. April 1877 fand dann in der Sheffield FA eine außerordentliche Generalversammlung statt, die sich für die Übernahme der FA Rules aussprach.[2]Vgl. Sheffield FA Rules. In: Sheffield and Rotherham Independent, 23.04.1877, S. 7.

Die Regelwerke von Sheffield FA und FA im Vergleich (1875-1877)

Tatsächlich unterschieden sich die Regelwerke der Sheffield FA und der FA kaum noch. Die Sheffield FA Rules von 1876 und die FA Rules von 1875 haben sogar fast die gleiche Reihenfolge der einzelnen Regeln. Nur, weil die Bestimmungen zum indirekten Freistoß in Sheffield in Regel 9, in London in den Regeln 11 und 12 zu finden sich, kommt es zu einer Verschiebung in der zweiten Hälfte der Regeln.

Gleichbleibende Regeln

Die Regeln zum Seitenwechsel (3), wie ein Tor erzielt wird (4), Seitenaus (7), Handspiel (8), indirektem Freistoß (9 bzw. 11+12), Schuhwerk (11 bzw. 10) waren 1875 bzw. 1876 in beiden Regelwerken gleich und blieben auch 1877 gleich.

Abseits und Einstoß

Die vorher in Sheffield umstrittene Regel zur Abseitsregel (6) wurden nun ohne Änderung von Sheffield übernommen („When a player kicks the ball, any one of the same side who, at such moment of kicking, is nearer to the opponents‘ goal-line, is out of play, and may not touch the ball himself, nor in any way whatever prevent any other player from doing so until the ball has been played, unless there are at least three of his opponents nearer their own goal-line; but no player is out of play when the ball is kicked from the goal-line.“). Im Regelwerk von Februar 1877 findet sich natürlich noch der Einwurf, der ab im April dann zum Einstoß, wie in der Sheffield FA bereits üblich, geändert wurde.

Weitere Änderungen

Sheffield übernahm auch die Regelung, dass das Spielfeld minimal 91,44×45,72 m messen darf (1), der Sieger beim Münzwurf sich zwischen Anstoß und Seitenwahl entscheiden darf (2) und dass die FA-Regeln zum Schiedsrichter wesentlich kürzer und allgemeiner gefasst war: Bei Verletzung der Regeln 6 [Abseits], 8 [Handspiel], 9 [unerlaubtes Spiel] und 10 [Schuhwerk] bleibt der Ball solange im Spiel, bis der Schiedsrichter anderes entscheidet – das kann er aber nur nach Beschwerden. Die Schiedsrichter der FA reagierte nur auf Anrufung.

 

Das waren dann auch schon alle Unterschiede. Die FA-Regeln veränderten sich von 1875 nur geringfügig, meistens zu Gunsten der FA-Regeln oder durch sprachliche, aber keine inhaltlichen Anpassungen.

 

Fotocredits

Das Titelbild zeigt den Zeitungsbericht „The Football Association Meeting“ vom 18. April 1877 im Sheffield Daily Telegraph.

Fußnoten

Fußnoten
1 Vgl. Sheffield Football Association. In: Sheffield Daily Telegraph, 26.02.1875, S. 3.
2 Vgl. Sheffield FA Rules. In: Sheffield and Rotherham Independent, 23.04.1877, S. 7.
Kategorie: Regelgeschichte

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