Simon Rosenberger
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Peco Bauwens – ein Opportunist am Grabe Rosenbergers

Auf dem jüdischen Friedhof in Köln-Bocklemünd herrscht eine aufgeregte, traurige Stimmung. Viele Menschen umringen ein frisches Grab und ein Mann hält in deutlich kölnischem Akzent eine Rede.

Die Begräbnisrede

Der Mann mit den ausgeprägten Wangenknochen, der fliehenden, hohen Sturm und den Knopfaugen wohnte nur 7,5 Kilometer von dem Friedhof entfernt: In der Clever Straße 13 im Agnesviertel, Neustadt, in der Nähe des Rheins.

Was Peco Bauwens am Grab von Simon Rosenberger sagte, ist nicht überliefert. Wohl waren es lobende Worte über seine Hingabe und seine Freude für das Fußballspiel in Deutschland, das erst am Ende seines Lebens populär wurde. Vielleicht sprach er über Rosenbergers Engagement für die Anpassung der deutschen an die internationalen Fußballregeln und seine seltene Gabe, die Regeln unterhaltsam und verständnisfördernd vorzutragen. Oder seinen Einsatz für das Schiedsrichterwesen: Einheitliche Regelauslegung, einheitliche Ausbildung, das Buch „Der Schiedsrichter“, der Bundesschiedsrichterausschuss mit seinem Mantelgesetz, die DFB-Schiedsrichter-Zeitung, … die Liste der möglichen Themen ist lang.

Das Einzige, was wir durch einen Zeitungsartikel gesichert wissen: Er sprach als Vertreter des DFB sowie zahlreiche lokale Schiedsrichtervereinigungen und Verbände, die nicht bei der Beerdigung anwesend waren.

„Rosenbergers letzte Fahrt“

„Rosenbergers letzte Fahrt. Gestern nachmittag wurden die sterblichen Überreste Simon Rosenbergers zu Grabe getragen. Seine Sportkameraden gaben ihm das letzte Geleit. Neben seinen Kölner Freunden waren viele Schiedsrichter aus anderen Bezirken Westdeutschlands nach Köln gekommen, um ihrem toten Kameraden die letzte Ehre zu erweisen. Am Grabe widmete Herr Rutkowsky als Vertreter des SC [eigentlich SV] Rhenania 1900, dessen Vorstandsmitglied Rosenberger lange Jahre war, scheidende, zu Herzen Gerede Worte. Für die anwesenden Behördenvertreter des DFB, des WSV, des Rheinbezirks und des Gaues Köln und im Auftrage anderer Landesverbände Deutschlands, sprach Dr. Bauens am offenen Grabe. Mit ihm sind wohl alle seine Schiedsrichterkollegen der Meinung, daß Rosenberger sich durch den Aufbau der deutschen Schiedsrichterbewegung ein bleibendes Denkmal im deutschen Fußball gesetzt hat. Neben den Vertretern der Kölner Vereine sah man u. a. Noch den offiziellen Vertreter der Deutschen Jugendkraft [= katholischer Sportverband in Deutschland, 1920 gegr], die ja auch des öfteren Rosenbergers großes Wissen für die Ausbildung der Schiedsrichter sich nutzbar machte. Stumm schieden alle von der Gruft des so plötzlich aus seiner Arbeit herausgerissenen Freundes.“[1]Quelle: Lokal-Anzeiger [Köln], 10.09.31.

Die beiden Gesichter des Peco Bauwens‘

Die Frage, die auf der Hand liegt: Warum hielt Peco Bauwens diese Rede? Ja, Bauwens und Rosenberger schienen sich gut verstanden haben und Bauwens lebte vor Ort in Köln. Doch Bauwens war ein patriotischer Karrierist und Opportunist, wie die späteren Jahre zeigten.

Auf der einen Seite der Ehemann einer jüdischen Frau und daher zu Repressalien Anlass bietend, auf der anderen Seite der Mann, dessen Ideologie sich wenig von der NS-Ideologie unterschied und dessen Familienunternehmen (Baugeschäft) aufblühte. Auch „[…] in seiner Tätigkeit als Sportfunktionär erwies sich Bauwens stets als ein zuverlässiger Sekundant des Regimes.“[2]Thomann, Björn, Peco Bauwens, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: http://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/peco-bauwens-/DE-2086/lido/57c575e63f36a2.92887888 … Continue reading.

Auf der einen Seite setzte er sich nach Kriegsende für die „Rehabilitation des deutschen Fußballs auf internationaler Ebene ein“[3]Thomann, Björn, Peco Bauwens, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: http://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/peco-bauwens-/DE-2086/lido/57c575e63f36a2.92887888 … Continue reading, auf der anderen Seite hielt er nach dem WM-Sieg 1954 eine Rede mit LTI (nationalsozialistischem Vokabular).

Es gab Alternativen

In der Gesinnung und der Haltung zwar zwischen Koppehel und Bauwens war kein allzu großer Unterschied. Nur verstand sich Simon Rosenberger mit Peco Bauwens besser. Streitigkeiten sind nicht bekannt.

Ob sich Rosenberger anders verhalten hätte, wenn er Bauwens‘ Zukunft gekannt hätte?

Und wie war Bauwens‘ und Koppehels Freundschaft? Wusste Peco Bauwens von Koppehels Plan, während er an Rosenbergers Grab seine Rede hielt?

So viele Frage, auf die wir keine Antwort bekommen werden. Doch mit dem Wissen um Bauwens‘ Ideologie und Verhalten der kommenden Jahre war er der falsche für die Beerdigungsrede des DFB am Grabe Rosenbergers.

Wen ich stattdessen ausgewählt hätte? Die Frage ist leicht zu beantworten: Ivo Schricker. Mehr zu ihm zu einem späteren Zeitpunkt.

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Fußnoten

Fußnoten
1 Quelle: Lokal-Anzeiger [Köln], 10.09.31.
2 Thomann, Björn, Peco Bauwens, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: http://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/peco-bauwens-/DE-2086/lido/57c575e63f36a2.92887888 (abgerufen am 17.12.2021).
3 Thomann, Björn, Peco Bauwens, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: http://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/peco-bauwens-/DE-2086/lido/57c575e63f36a2.92887888 (abgerufen am 17.12.2021).
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