Fußballgeschichte, Kurz und knapp

Die ersten Sportzeitschriften

Die Fußballberichterstattung kam in Deutschland wie in Österreich in den 1890er Jahren auf. Sportjournalisten gehörten zusammen mit Sportartikelherstellern und -händlern, Bau- und Transportunternehmern, Buchmachern und Getränkeherstellern zu den Personengruppen, die direkt vom modernen Sport profitierten. Die ersten Fachjournalisten waren meistens aktive Fußballer, die versuchten, auf diese Weise den Markt für diese neue Art der Zerstreuung zu erschließen.

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Die allererste Sportzeitschrift erschien aber bereits im Oktober 1792. „The Sporting Magazine, or Monthly Calendar of the Transactions of the Turf, the Chase and every other Diversion interesting to the Man of Pleasure, Enterprize, and Spirit“ ging es allerdings um die damals beliebtesten Sportarten der Oberschichten: Jagd und Pferderennen.[1]Behringer, Wolfgang: Kulturgeschichte des Sports. Vom antiken Olympia bis zur Gegenwart. München 2012. S. 236.

Hier stelle ich die beiden Sportzeitungen Sport im Bild von Andrew Pitcairn-Knowles und Spiel und Sport von John Bloch vor.

 

Sport im Bild

Andrew Pitcairn-Knowles (1871-1956) war einer der ersten Sportjournalisten im Deutschland des späten 19. Jahrhunderts und bezeichnenderweise Engländer. Er wuchs als Sohn eines Wollhändlers in der Wiesbadener Engländerkolonie auf und studierte später an verschiedenen Orten Chemie mit dem Schwerpunkt auf Fotochemie. Außerdem interessierte er sich für die modernen Sportarten und konsultierte auch mindestens die Wochenzeitung „Spiel und Sport“ [2]Vgl. Spiel und Sport 3 (1893), 14.01.1893, s. 10: „[…] to one of our readers, Mr. Andrew Pitcairn-Knowles of Wiesbaden […].“. Er visierte schon seit seiner Jugend das Ziel an, eine eigene Sportzeitung herauszugeben. In Berlin lernte er das neu entwickelte Vervielfätigungsverfahren nach Meisenbach und Riffarth kennen, das die Übertragung der Abbildungen auf Holzschnitte überflüssig machte.

Dieses Verfahren nutzte er und gründete 1895 die Zeitschrift Sport im Bild; eine der ersten Zeitschriften, die ganz mit Fotos gestaltet wurde. Auch deshalb kostete die vierteljährlich erscheinende Zeitschrift aus Kunstdruckpapier einen Preis von 6 DM. Und um ein vielfältiges Publikum anzulocken und für den modernen Sport zu interessieren, berichtete er nicht nur über Sport, sondern auch über Theater, Reisen sowie Klatsch über den europäischen Adel. Letzteres insbesondere, wenn die kaiserliche Familie an einer Sportveranstaltung als Zuschauer teilnahm. Doch trotz dieser prominenten Werbung für den modernen Sport, stiegen die Verkaufszahlen kaum. Pitcairn-Knowles verkaufte 1904 verärgert seine Zeitschrift und eröffnete eine internationale Presseagentur für Sportfotos in Paris.

Die Sport im Bild kaufte der Berliner Verleger August Scherl, der seit 1899 die Illustrierte Die Woche herausgab und ebenfalls mit dem neuen Fotodruckverfahren arbeitete. Er änderte den Titel in Illustrierte Zeitschrift für Sport, Gesellschaft, Theater und übernahm Pitcairn-Knowles‘ ausgebildete Mitarbeiter; den erfolgreichen Leichtathleten Kurt Doerry machte er zum Chefredakteur. Doerry gilt als Begründer des deutschen (Massen-)Sportjournalismus der 1920er Jahre.[3]Vgl. Eisenberg, Christiane: „English Sports“ und deutsche Bürger: eine Gesellschaftsgeschichte 1800-1939. Paderborn 1999. S. 156-158.

Spiel und Sport

Die Zeitschrift Spiel und Sport wurde 1891 gegründet, eine zunächst monatlich, spätestens 1893 wöchentlich erscheinende Sportzeitschrift, die Vereinsorgan des Berliner Verbands „Deutsche Fußball- und Cricket Bund“ wurde und folgend das Vereinsorgan weiterer regionaler Sportverbände.

Die Zeitschrift erschien bis in die ersten Jahre des 20. Jahrhunderts. Im Gegensatz zur Sport im Bild war die Spiel und Sport eine reine Text-Zeitung. Tatsächlich war seine Zeitschrift beliebter als Pitcairn-Knowles Sport im Bild, da sie die zahlreichen Fußballberichte und -ergebnisse zusammenfasste. Auch, weil er diese Berichte immer wieder von den Vereinen einforderte und um die Aufstellungen bat. Hier war er wohl Pionier in der Sportberichterstattung. Und Sportberichterstattungen waren das, was die Leser interessierte. Möglicherweise gab Pitcairn-Knowles aus diesem Grund bald auch die Sport im Wort heraus. 1901 ging die Spiel im Sport in der Sport im Wort auf.

Maßgeblich an der Spiel und Sport war der deutschstämmige, aber aus Birmingham stammende John Bloch, der Ende des 19. Jahrhunderts in Berlin lebte. Anfang der 1890er Jahre war er Vorsitzender des English Football Club Berlin, 2. Vorsitzender des Berliner Cricket Clubs, Vorsitzender des 1891 gegründeten Deutschen Fußball und Cricket-Bundes, 1890 Geschäftsführer des Bundes Deutscher Fußballspieler und 1891 bis 1900 Herausgeber der Spiel und Sport. Die meisten Ämter hatte er aber nur wenige Jahre inne, da er immer wieder Ziel antienglischer und antisemitischer Ressentiments wurde.

Bloch übernahm die kurz zuvor unter dem Namen Deutsche Ballspiel-Zeitung gegründete Zeitung und gab sie im Sommer 1900 an seine Tochter Stella Bloch und einen weiteren Verwandten, Neville B. Bloch ab. Beide redigierten die Zeitschrift aber nur noch wenige Monate, dann folgte die Übernahme durch Sport im Wort.

Offenbar hatte die Spiel und Sport eine nicht zu unterschätzende englische Leserschaft, da jede Zeitschrift den English Chat enthielt, in dem das wichtigste auch auf Englisch wiedergegeben wurde.

 

Ausblick

Es gab noch eine Reihe weiterer Sportzeitungen wie die Spiel und Sport oder die Allgemeine Sportzeitung, doch große Sprünge tat der Sportjournalismus wie die allgemeine Sportbegeisterung ein paar Jahre später, nämlich nach dem ersten Weltkrieg. 1926 gab es ca. 500 Sportzeitungen, von denen die wenigsten aber objektiv berichteten, dafür aber umso reißerischer, um höhere Verkaufszahlen zu erzielen.[4]Vgl. Eggers, Erik: Die Anfänge des Fußballsports in Deutschland. Zur Genese eines Massenphänomens. In: Markwart Herzog (Hg.): Fußball als Kulturphänomen. Kunst – Kult – Kommerz (= … Continue reading

 

Fotocredits

Bidausschnitt der Titelseite von Sport im Bild vom 14. Mai 1897, siehe http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=sib&datum=1897&page=7&size=45 (letzter Zugriff: 18.12.2017).

Fußnoten

Fußnoten
1 Behringer, Wolfgang: Kulturgeschichte des Sports. Vom antiken Olympia bis zur Gegenwart. München 2012. S. 236.
2 Vgl. Spiel und Sport 3 (1893), 14.01.1893, s. 10: „[…] to one of our readers, Mr. Andrew Pitcairn-Knowles of Wiesbaden […].“.
3 Vgl. Eisenberg, Christiane: „English Sports“ und deutsche Bürger: eine Gesellschaftsgeschichte 1800-1939. Paderborn 1999. S. 156-158.
4 Vgl. Eggers, Erik: Die Anfänge des Fußballsports in Deutschland. Zur Genese eines Massenphänomens. In: Markwart Herzog (Hg.): Fußball als Kulturphänomen. Kunst – Kult – Kommerz (= Irseer Dialoge 7). Stuttgart 2002. S. 67-91, hier S. 85.